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Was ist Angst?

Alles über Symptome & mögliche Ursachen
Icon Was ist Angst?
Angst ist für viele Menschen ein ständiger Begleiter und kann für die Betroffenen sehr belastend sein.
Für viele Menschen ist die innere Unruhe ein lästiger Begleiter im Alltag. Oftmals treten dabei Gefühle einer Anspannung, Nervosität oder auch Ängste auf, die Lebensqualität negativ beeinflussen können. Die Innere Unruhe kann in allen Altersklassen auftreten und sich dabei unterschiedlich ausprägen. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über das Thema innere Unruhe und finden außerdem Antworten auf häufige Fragen.

Einführung: Was sind Ängste?

Angst das Haus zu verlassen

Manche Menschen trauen sich aufgrund ihrer Angst nicht mehr aus ihrem Zuhause.

Angst ist ein physiologisches Gefühl das uns evolutionsbiologisch vor Gefahr schützt. Angst soll verhindern, dass wir von einem hohen Felsen stürzen, mit einem wilden Tier spielen oder von einem Fahrzeug überfahren werden. Angst soll uns schützen. Angstgefühle können uns aber auch behindern, ausbremsen, bewegungslos machen oder von der Außenwelt isolieren.

Das Gefühl der Angst hat verschiedene Komponenten. Es gibt die körperliche Stress-Reaktion mit Schwitzen, Zittern, Herzrasen, erweiterten Pupillen, beschleunigter Atmung, Muskelanspannung und Übelkeit. Daneben entsteht im Gehirn die Emotion „Angst“, die sowohl emotionsregulatorische Hirnzentren wie Amygdala und Hippocampus aktiviert, als auch im Hypothalamus und Hirnstamm die körperliche Angstreaktion befördert. Das heißt, Körper und Gehirn stehen bei Angstreaktionen in einem ständigen gegenseitigen Austausch und es gibt keine rein körperliche oder rein geistige Angstsymptomatik.

Von der physiologischen und oft nützlichen Angst, gilt es die Angststörungen abzugrenzen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass Angstzustände häufiger, heftiger oder unprovoziert auftreten und dadurch das Leben und den Alltag der Betroffenen einschränken. Wenn Ängste das tägliche Leben beeinträchtigen, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die richtige Diagnose zu stellen und eine geeignete Behandlung zu erhalten.

Wie häufig sind Ängste?

Physiologische Angst kennt jeder aus dem Alltag. Der Schreckmoment, wenn man als Automobil-, Roller- oder Radfahrer haarscharf überholt wird, man das gerade noch am Klettergerüst kletternde Kind schreien hört oder die Nachricht bekommt, dass eine nahestehende Person akut ins Krankenhaus eingeliefert wurde…

Manifeste Angststörungen betreffen ca. 15 % der Allgemeinbevölkerung, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Die häufigste Diagnose sind spezifische Phobien gefolgt von der Panikstörung und der sozialen Phobie und Agoraphobie. Der durchschnittliche Krankheitsbeginn für alle Angststörungen ist vor dem 35. Lebensjahr, wobei vor allem spezifische Phobien oft bereits in der Kindheit auftreten.

Angst als Krankheit bedeutet dabei nicht nur eine Einschränkung von Lebensqualität, andauernde Anspannung oder Unsicherheit. Menschen mit einer Angststörung haben deutlich mehr Krankheitstage pro Monat als gesunde, aber auch als beispielsweise Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes. Oft verlaufen Angsterkrankungen chronisch, sodass der Ausfall an Arbeitsleistung, die sozialen und familiären Einschränkungen spürbare berufliche und private Folgen für die Betroffenen haben können.

Dabei sind die Einschränkungen und möglichen Konsequenzen einer Angststörung nicht generell vorhersagbar. Viele Angststörungen verlaufen mild. Zum Beispiel spezifische Phobien wie Angst vor Spinnen oder ähnliches. Solange man nicht im Zoo oder auf einer Spinnenfarm arbeitet, in einer unbeheizten Scheune wohnt oder die Tarantel des Nachbarn regelmäßig ausbüchst, kann man mit dieser Angststörung den Alltag die meiste Zeit uneingeschränkt bewältigen. Trotzdem kann es unter Umständen auch hier hilfreich und erleichternd sein, die Angstgefühle mit professioneller Unterstützung zu überwinden – das hängt immer vom individuellen Leidensdruck des Betroffenen ab. Andere Angsterkrankungen wie die generalisierte Angststörung, die Agoraphobie oder die Panikstörung bedeuten dagegen oft eine spürbare Einschränkung des alltäglichen Lebens und können Betroffene schwer belasten. Hier sind in der Regel Fachleute gefragt, um die Angsterkrankung adäquat zu behandeln und Lebensqualität zurückzugewinnen.

Ursachen von Ängsten

Modell Angststörung
Modell zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Angststörungen auf der Basis von Lernprozessen, Genetik und Ereignissen im Leben

Ängste entstehen in der Regel auf dem Boden einer Kombination von Faktoren. Dazu können eine erbliche Komponente, Veränderungen im Stoffwechsel bestimmter Gehirnregionen, Stress/Belastung oder traumatische Erfahrungen in verschiedenen Lebensphasen (Stress-Vulnerabilitäts-Modell) oder verschiedene Lernprozesse (Modelllernen, Konditionierung) gehören.

Dabei kommt der Konditionierung nicht nur für die Entstehung, sondern auch für den Verlauf einer Angsterkrankung eine besondere Rolle zu. Durch operante Konditionierung (Aufrechterhaltung eines Verhaltens durch positive/negative Verstärkung) trainiert man sich im Verlauf der Angststörung Verhaltensweisen an, die zwar akut die Symptomatik bessern – zum Beispiel das Meiden von Menschenmengen, offenen Plätzen, Sozialkontakten etc. aber auf lange Sicht zu einer Spirale aus Angst vor der Angst, Vermeidung, negativer Verstärkung und Rückzugsverhalten führen. Bei vielen Angststörungen ist die Angst VOR den gefürchteten Situationen deutlich stärker als die Angst IN den Situationen – diese Erkenntnis macht man sich auch für die Therapie zunutze. Daher führt Vermeidung in erster Linie zur Aufrechterhaltung von Angstgefühlen.

Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Übergänge von einer natürlichen Angstreaktion zu einer Angststörung fließend sein können. Auch die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen kann bei Angststörungen durchaus eine Herausforderung sein.

Arten und Symptome von Angststörungen

Generalisierte Angststörung

Definition
„Alles macht mir ständig ausgeprägte Sorgen. Etwa, dass mein Kind auf dem Weg in die Schule verunglücken könnte. Oder ich bei einem Autounfall sterbe. Oder mein Mann einen Schlaganfall erleidet. Oder, dass meine Familie all ihr Geld verliert und wir auf der Straße landen.“

Die generalisierte Angststörung bezieht sich – wie der Name schon sagt – nicht auf ein konkretes Thema, eine Situation oder einen spezifischen Anlass. Vielmehr geht es um eine allgemeine Nervosität, ständige Sorgen und Furcht vor einer Vielzahl an Dingen im alltäglichen Leben. Man spricht hierbei auch gerne von „frei flottierender Angst“. Das sprachliche Bild sind hier die Fäden auf einem Webstuhl: bevor der Schussfaden eingewebt wird hängen die Kettfäden lose und ungerichtet. Mit der frei flottierende Angst ist das auch so. Sie hat kein bestimmtes Ziel und richtet sich auf alles, was ihr gerade über den Weg läuft.

Symptome
Neben der Emotion „Angst“ treten bei der generalisierten Angststörung auch körperliche Symptome auf. Dazu können gehören vegetative Symptome, wie:

  • Herzklopfen, erhöhter Puls
  • Schweißausbrüche
  • Zittern
  • Mundtrockenheit
  • Atembeschwerden, Brustschmerz
  • Übelkeit
  • Schwindel
  • Kribbeln am Körper
  • Schluckbeschwerden
  • Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen

Die Diagnose erfolgt auf Grundlage der Symptomschilderung und dem Ausschluss körperlicher Ursachen für die Symptome (z. B. Schilddrüsenfunktionsstörungen, Herzerkrankungen, …) sowie anderer psychiatrischer Erkrankungen (Somatisierungsstörung, Zwangsstörung, Hypochondrie, Panikstörung, …).

Panikstörung (episodische paroxysmale Angst)

Definition
„Ohne spezifischen Grund bekomme ich in verschiedenste Situationen Herzrasen, Schweißausbrüche und Beklemmungsgefühle. Ich habe dann unaushaltbar starke Angst.“

Die Panikstörung oder episodische paroxysmale Angst (also immer wiederkehrende, aber nicht andauernd vorhandene Panik) ist gekennzeichnet durch Attacken mit stärksten Angstgefühlen und ausgeprägten körperlichen Angstsymptomen. Die Attacken treten in der Regel unabhängig von einem spezifischen Anlass oder Auslöser auf und dauern unter Umständen bis zu 30 Minuten an. Da vor allem körperliche Symptome im Vordergrund stehen, wird oft der Rettungswagen/Notarzt alarmiert, da alles nach einem akuten, potenziell lebensbedrohlichen Zustand aussehen kann (Herzinfarkt, drohendes Ersticken, …).

Symptome
Im Zuge der spontan auftretenden Attacken kommt es neben der ausgeprägten Angstzustände/Panik zu starken körperlichen Symptomen. Neben allgemeinen Angstsymptomen (Zittern, Mundtrockenheit, Herzrasen, Schweißausbrüche) haben Betroffene zum Beispiel Symptome wie

  • starke Atemnot, Kurzatmigkeit
  • Brustschmerzen, Beklemmungsgefühl
  • starke Übelkeit
  • Hitzewallungen
  • Kribbeln, Missempfindungen

Begleitend kommt es häufig zur Angst die Kontrolle zu verlieren oder zu sterben. Dabei steigern sich die Symptome innerhalb weniger Minuten zu einem Maximum und klingen danach langsam wieder ab. Zwischen den Attacken verspüren die Betroffenen keine dauerhaften Angstsymptome, wobei im Verlauf oft eine ausgeprägte Angst vor der Angst (Phobophobie) zu der Panikstörung hinzutritt.

Aufgrund der Akuität der Symptomatik erfolgt in der Regel als erstes eine Abklärung der akuten körperlichen Symptome – oft sogar im Krankenhaus. Im Anschluss werden Häufigkeit und Schwere der Panikattacken eruiert und die allgemeine psychische Verfassung beleuchtet.

Flugangst kann eine große Belastung sein
Flugangst kann zu einer großen Belastung werden und die Freude auf eine Reise trüben.

Phobien

Phobien – benannt nach dem griechischen Gott der Angst (Phobos, Bruder von Deimos (Gott des Schreckens)), der im Gefolge des Kriegsgottes Ares Angstgefühl und Unruhe in den Reihen gegnerischer Armeen säte – sind Ängste, die sich auf spezifische Situationen, Gegenstände oder Lebewesen beziehen. Dabei tritt ausgeprägte Angst nur in bestimmten Situationen auf, während außerhalb dieser Situationen keine Angstgefühle dieser Art auftreten. Dabei treten sowohl Angstgefühle als auch körperliche Beschwerden (Herzrasen, Zittern, Mundtrockenheit, Schwitzen, Schwindel, Atemnot, Übelkeit, …) auf. Dabei erleben die Betroffenen die Angstgefühle meist selbst als übertrieben oder unverhältnismäßig.

Agoraphobie (Platzangst)

Die Agoraphobie ist die Angst vor großen, offenen Plätzen, weiten Entfernungen vom eigenen Zuhause und Menschenmengen. Betroffene meiden oft Innenstädte, Großveranstaltungen und öffentliche Verkehrsmittel, verreisen selten oder gar nicht.

Soziale Phobie

Bei der sozialen Phobie haben Betroffene Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Die Angstgefühle treten in sozialen Situationen auf. Betroffene haben zum Beispiel Angst, in der Öffentlichkeit zu essen, eine Treppe hinunterzugehen oder vor einer Gruppe zu sprechen. Dabei haben die Betroffenen in der Regel entweder Angst, sich zu blamieren oder von anderen negativ bewertet zu werden.

Spezifische Phobien

Bei spezifischen Phobien handelt es sich um Angst als Reaktion auf eine spezifische Situation, ein Tier, einen Gegenstand oder ähnliches.

Häufige Formen spezifischer Phobien

Flugangst (Aviophobie)

Flugangst ist ein häufiges Phänomen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2003 leiden 38 % aller Fluggäste unter Angstgefühlen im Flugzeug – etwa 16 % haben Aviophobie. Dahinter stecken oft schlechte Erfahrungen auf Flügen (Turbulenzen, Gefühl fehlender Kontrolle, …), aber auch Höhenangst, Platzangst oder die Angst vor Anschlägen können eine Rolle spielen. Dabei ist Fliegen eine sehr sichere Art der Fortbewegung: weltweit sterben jährlich ca. 100.000 Menschen im Straßenverkehr, dagegen nur 700 bei Flugzeugunglücken.

Prüfungsangst

Nach der PISA-Umfrage von 2015 berichten über 40 % der 15-Jährigen in deutschen Schulen über Angst im Zusammenhang mit Schularbeiten. Bei Studierenden tritt bei über 20 % eine erhöhte Prüfungsangst auf. Dabei spielen neben der Angst vor Versagen, schlechten Noten und möglichen negativen Folgen einer schlechten Bewertung auch persönliche Faktoren wie der eigene Leistungsanspruch, die Erwartung enger Bezugspersonen oder der exzessive Vergleich mit anderen eine Rolle für die Ausprägung der Prüfungsangst.

Höhenangst (Akrophobie)

Es wird geschätzt, dass 4-6 % der Bevölkerung unter Höhenangst (Akrophobie) leiden. Dabei kann einerseits der Seheindruck von hohen Positionen, oft aber auch bereits das Wissen, sich in großer Höhe zu befinden (zum Beispiel im Flugzeug, in einem Aufzug, auf einer Brücke, …) Angstsymptome auslösen.

Geschlossene Räume, Raumangst (Klaustrophobie)

In Deutschland sind Schätzungen zufolge circa 8 % der Menschen von Raumangst betroffen. Ein klaustrophobischer Mensch meidet aus Angst enge Räume wie Fahrstühle, öffentliche Verkehrsmittel, enge Toiletten oder schmale Flure. Aber auch medizinische Untersuchungen wie beispielsweise die enge Röhre im Kernspin (MRT) kann zum Problem werden.

Spinnenphobie (Arachnophobie)

Die starke Furcht vor Spinnen betrifft ungefähr 5 % der deutschen Bevölkerung. Dabei kann nicht nur die Begegnung mit einem achtbeinigen Mitbewohner, sondern oft bereits das Betrachten von Bildern oder die Vorstellung einer Spinne am Körper bei Betroffenen erhebliches Angstgefühl auslösen.

Traumafolgestörungen und Anpassungsstörung

Eine Sonderform der Angststörungen sind die Traumafolgestörungen. Hierbei treten Angst, Unsicherheit, Nervosität oder Panik anschließend an ein traumatischen Erlebnis oder eine schwer belastende Situation auf. Zu den Traumafolgestörungen zählen die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die bis zu sechs Monate nach einem Trauma auftreten kann sowie die akute Belastungsreaktion, die meist direkt im Anschluss an das Erlebte eintritt und nur wenige Tage anhält.

Davon abzugrenzen ist die Anpassungsstörung. Hierbei ist die belastende Situation nicht so schwerwiegend wie bei der PTBS oder der akuten Belastungsreaktion, führt aber dennoch zu Beschwerden wie Angst, gedrückte Stimmung und eingeschränkte Alltagsfunktion der Betroffenen ohne das die diagnostischen Kriterien für eine Depression oder Angststörung erfüllt sind. Klassische Auslöser einer Anpassungsstörung sind schwere Erkrankungen, Trennungen oder ein Wechsel der Lebensumstände (Umzug o. ä.). In der Regel klingen die Symptome innerhalb von sechs Monaten wieder ab.

Einschneidende Lebensereignisse
Durch einschneidende Lebensereignisse entstandene Ängste können für Betroffene zu einer großen Belastung werden.

Folgen einer Angststörung

Angststörungen können schwerwiegende Auswirkungen auf das tägliche Leben haben. Im Folgenden sind einige mögliche Folgen von Angststörungen aufgeführt:

  • Beeinträchtigung von Lebensqualität und Wohlbefinden
  • Einschränkung sozialer Aktivitäten und Beziehungen
  • Vermeidung bestimmter Situationen oder Tätigkeiten
  • Beeinträchtigung von Leistung und Erfolg bei der Arbeit
  • Schlafstörungen oder Albträume
  • Erhöhtes Risiko für Depressionen und andere psychische Erkrankungen
  • Erhöhtes Risiko für körperliche Erkrankungen, z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Erhöhtes Risiko für Suchtprobleme

Diagnose von Angststörungen

Die Diagnose einer Angststörungen wird von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe, z. B. einem Psychiater oder Psychologen gestellt. Sie basiert auf einer gründlichen Bewertung der in der Anamnese geschilderten Symptome und ergänzenden diagnostischen Tests zum Ausschluss einer zugrundeliegenden körperlichen Erkrankung und anderer psychischer Erkrankungen.

Behandlung von Angststörungen

Die Behandlung der Erkrankung umfasst in der Regel eine Kombination aus Psychotherapie und möglicherweise auch medikamentöser Therapie, je nach Schweregrad der Störung. Erfahren hier mehr zu Behandlungsmöglichkeiten.

Angst bei Kindern

Angst bei Kindern ist ein häufiges Phänomen und in vielen Fällen ganz natürlich. Bereits als Baby kennt man das Gefühl „Angst“. In den ersten Lebensmonaten bezieht sich diese Emotion auf Dinge wie alleine gelassen werden, laute, plötzliche Geräusche oder schnelle Veränderungen der Umwelt. Später können Ängste vor fremden Erwachsenen („Fremdeln“), bestimmten Tieren oder Fantasiegestalten sowie der Dunkelheit auftreten. All diese Ängste sind per se erst einmal Teil der Entwicklung eines Kindes. Viele davon sind evolutionär angelegt, um das Kind vor möglicher Gefahr zu schützen. In der normalen Entwicklung lernt ein Kind mit der Zeit, seine Angstgefühle zu regulieren und stärkt durch positive Erfahrungen (z. B. bei Trennungsangst, dass Mama immer wiederkommt, auch wenn sie mal für einige Stunden mit dem Auto wegfährt) eine realistische Einschätzung der Angstinhalte.

Angststörungen bei Kindern
Auch Kinder können von Angststörungen betroffen sein und dadurch belastet werden.

Allerdings sind auch Angststörungen mit einer Prävalenz von ca. 10% im Kindesalter keine Seltenheit. Besonders häufig treten spezifische Phobien auf, gefolgt von Trennungsangst, der generalisierten Angststörung und sozialer Phobie. Als Eltern sollte man sensibel auf die Angstgefühle des Kindes reagieren und sich bei ausgeprägten und alltagsbelastenden Symptomen an einen Arzt oder Psychotherapeuten wenden. Eine Angststörung kann Kinder in ihrer Entwicklung, ihrem Wohlbefinden und ihrer Aktivität einschränken und dadurch langfristig Probleme verursachen. Mit gezielten Maßnahmen wie Entspannungstechniken, Psychotherapie und gegebenenfalls auch Medikamenten kann man der Erkrankung entgegenwirken.

Ängste bei Schwangeren

Schwangere neigen oftmals zu Besorgnis in Bezug auf das Wohlbefinden des ungeborenen Kindes, die Geburt und das Leben mit dem neuen Familienmitglied. Diese Sorgen sind erst einmal eine ganz natürliche Reaktion auf die körperlichen und psychischen Veränderungen in der Schwangerschaft. Allerdings ist auch die Auftretenswahrscheinlichkeit für eine Angststörung in der Schwangerschaft erhöht – durchschnittlich 15 % der Schwangeren leiden an einer Angststörung. Auch Rezidive einer vormals bestehenden Angststörung sind in der Schwangerschaft möglich, einerseits durch die neuen Lebensumstände und die körperlichen Veränderungen, andererseits aber auch, weil viele Schwangere aus Sorge um ihr Kind Medikamente absetzen. Daher ist es wichtig, dass Ihre Frauenärztin über früher oder aktuell bestehende Ängste Bescheid weiß. Ihre Ärztin kann einschätzen, ob eine Behandlung nötig ist und mit Ihnen Bedenken bezüglich bestimmter Medikamente oder komorbider psychischer Störungen besprechen.

Ängste bei Senioren

Ursachen und Arten von Ängsten ändern sich im Laufe des Lebens immer wieder. Mit zunehmendem Alter treten Ängste um beruflichen Erfolg, Karriere und Kindererziehung oft in den Hintergrund. Stattdessen muss man sich mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben, der Abnabelung der Kinder und möglichen körperlichen Einschränkungen auseinandersetzen. Auch Gedanken an Maßnahmen im Krankheitsfall, Sterben und Tod können in den Fokus treten. Es erfordert viel Mut und Rückhalt, um diese Themen bewältigen zu können. Sind diese Faktoren nicht gegeben, können psychische Erkrankungen wie Angststörungen, aber auch Depressionen oder somatoforme Störungen auftreten.

Dabei werden psychische Erkrankungen im Alter oftmals unterschätzt und übersehen. Mehr als 10% der Senioren leiden unter Angststörungen. Allerdings werden die Symptome wie sozialer Rückzug oder Vermeidungsverhalten ebenso wie die körperlichen Beschwerden wie Herzklopfen, Schwindel, Übelkeit oder Mundtrockenheit oft als „Alterserscheinungen“ abgetan – nicht nur von Angehörigen, sondern auch von den Betroffenen selbst. ABER: Eine Angststörung stellt einen erheblichen Risikofaktor für soziale Isolation, Vereinsamung und resultierende Gesundheitsrisiken dar. Daher schauen Sie bitte genau hin: sind es wirklich „nur“ die allgemeinen Alltagssorgen oder steckt doch etwas mehr dahinter?

Medikamente und Angststörungen

Es gibt verschiedene Medikamente, die einen Einfluss auf Angststörungen haben. Zur Behandlung einer Angststörung können eingesetzt werden:

  • Antidepressiva (SSRI, SNRI, seltener Trizyklika und MAO-Hemmer)
  • Benzodiazepine
  • Buspiron
  • Pregabalin
Zur Behandlung der generalisierten Angststörung können zudem Quetiapin, Mirtazapin oder Lavendelöl eingesetzt werden.

Während Antidepressiva zur Langzeittherapie eingesetzt werden können, dürfen Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine nur in der Akutsituation eingesetzt werden.

Neben den Medikamenten, die zur Behandlung einer Angststörung eingesetzt werden können, gibt es auch Substanzen, welche die Symptome einer Angststörung verstärken können. Dazu gehören zum Beispiel Medikamente, die den Puls beschleunigen wie:

  • kreislaufwirksame Substanzen (Calciumkanalblocker, Alphablocker, …)
  • Methylphenidat
  • L-Thyroxin
  • Antiallergika

Angststörungen und Arbeitswelt

Ängste beeinträchtigen nicht nur das Privat-, sondern auch das Arbeitsleben. Dabei können je nach Erkrankungsbild verschiedene Probleme auftreten, die zu Konflikten mit dem Arbeitgeber oder den Kollegen führen und Betroffene schwer belasten können. Oft belastet nicht nur die Angst selbst die Betroffenen, sondern auch die Anstrengungen angstauslösende Situationen zu meiden, eine „normale“ Fassade aufrechtzuerhalten und gleichzeitig nicht an Leistung einzubüßen stellen eine enorme Beanspruchung dar. Sowohl Körper als auch Psyche können unter der Dauerbelastung leiden. Psychische Erkrankungen sind nach den Fehlzeitenreports der Krankenkassen der fünfthäufigste Grund für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, führen aber zu den meisten Fehltagen pro Fall und machen 15% der Langzeit-Arbeitsunfähigkeit (mehr als 6 Wochen) aus. Neben Depressionen sind hier vor allem Traumafolgestörungen, Angststörungen und somatoforme Störungen die häufigsten angegebenen Diagnosen.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Wenn die Gedanken nur noch um die Ängste kreisen, man Dinge aufgrund der Angst meidet und Alltag sowie Privat- oder Berufsleben unter der Erkrankung leiden, sollte man sich Unterstützung suchen. Auch, wenn man lange gut mit bestimmten Ängsten umgehen konnte und sich durch verschiedene Selbsthilfemaßnahmen zu helfen wusste, können bestimmte Umstände, Situationen oder Einflüsse dazu führen, dass die Beschwerden dekompensieren und Dinge, die einmal geholfen haben, jetzt doch nicht mehr ausreichen. Es ist kein Eingeständnis von Schwäche oder Aufgeben, sich an einen Arzt oder Therapeuten zu wenden, sondern eine vernünftige, selbstfürsorgliche und zukunftsorientierte Entscheidung!

Fazit zu Ängsten

Zu den Angststörungen gehören die Krankheitsbilder generalisierte Angststörung, Panikstörung sowie Phobien. Eine verwandte, aber eigenständige Gruppe stellen Traumafolgestörungen und die Anpassungsstörung dar. Angststörungen verursachen sowohl psychische als auch körperliche Symptome und können eine Belastung für Arbeits-, Sozial- und Familienleben darstellen. Verschiedene Maßnahmen können dabei helfen, mit den Beschwerden besser umzugehen und es gibt psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten.

Häufig gestellte Fragen zu Ängsten

Angst ist ein natürliches Gefühl, dass als Reaktion auf eine bedrohliche Situation entsteht. Angststörungen sind Erkrankungen, die sich durch eine übermäßig starke, anhaltende oder unprovozierte Angst auszeichnen. Diese können durch eine Kombination verschiedenster Faktoren entstehen. Dazu gehören eine erbliche Komponente, Veränderungen im Stoffwechsel bestimmter Gehirnregionen, Stress/Belastung oder Traumata in verschiedenen Lebensphasen und verschiedene Lernprozesse.

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